Von den ersten Eindücken

Von den ersten Eindrücken

(Kleine Warnung am Rande: Der Text ist etwas chaotisch, weil ich einfach meine Gedanken aufschreibe)

So langsam bin ich hier angekommen und kann von meinen ersten Eindrücken berichten. Falls sich jemand vorstellen will, wie die Gegend aussieht, in der ich Wohne: Ich fühle mich, als wäre ich in Anno2070 gelandet. Und meine Gebäude stehen in dem Bereich, in dem die höchste Entwicklungsstufe der Ecos zu finden ist. Ein Haufen gläserner Hochhäuser, alle Straßen sind in Karomustern angelegt, alle Wohnblocks haben die gleiche Größe und um die Straßen sind mit Lineal gezogene Grünstreifen, mit immer den gleichen Bäumen in regelmäßigen Abständen.
Für eine große Großstadt ist Vancouver verhältnismäßig schön. Allerdings heißt Großstadt auch, dass es kaum Tiere gibt, dafür umso mehr Autos auf den größtenteils zweispurigen Straßen (oder vierspurigen, wenn man sowohl vor als auch Rückwärtsrichtung zählt). Das heißt egal wo man ist, man hört IMMER das Rauschen der Autos. Selbst in meiner Wohnung, weil ein Fenster nicht richtig schließt. Insgesamt ist Vancouver sehr laut. Wenn mein Kühlschrank anspringt, dann höre ich die Autos nicht mehr. Der Kühlschrank übertönt das. Und die Spülmaschine mache ich immer an, wenn ich die Wohnung verlasse, weil die auch irre laut ist. Sie übertönt sogar noch den Kühlschrank. (Aber hey! Ich habe eine Spülmaschine <3. Seit 5 Jahren musste ich ohne eine Leben.)

Ich weiß nicht, ob es prinzipiell Kanada ist, oder nur Vancouver, aber die Gegend hier erinnert mich stark an Amerika. Wüsste ich es nicht besser, würde ich behaupten ich bin in Amerika gelandet. Die Straßen sind breit, die Autos sind groß, die Churches haben diese beleuchteten Werbeschilder und die Häuser sehen so aus, als waren sie aus Sims kopiert worden.

Apropos Häuser: Vancouver hat doppelt so viele Einwohner, wie Darmstadt, aber gefühlt die Zehnfache Fläche. Fast jeder hier hat sein eigenes Haus mit kleinem Garten. Und daneben noch eine kleines Haus, das als Garage bezeichnet wird. Dort wohnen die amerikanischen/kanadischen Autos. Die meisten Autos haben sogar ein kleines Fesnter für ihr Haus. Als Europäer ist das etwas merkwürdig. Es wird wahrscheinlich auch noch eine ganze Weile dauern, bis ich mich an die Entfernungen gewohnt habe. Bisher bin ich immer mindestens doppelt so lange unterwegs gewesen, wie ich geschätzt hatte.

Was ich hier an Vancouver liebe sind die Thrift Stores. Spätestens Seit Macklemore kennen wir Europäer auch diesen Begriff. Second Hand Laden trifft den Flair einfach nicht. Es ist wie ein Flohmarkt, der ständig offen hat. Ich liebe Flohmärkte. Meine halbe Kücheneinrichtung ist aus einem Thrift Store, der nur 2 Block entfernt liegt (Ihr erinnert euch daran, dass hier alles in gleichmäßigen Rechtecken gebaut ist? Weil das alles so gleichmäßig ist, ist “Wohnblocks” eine ganz normal benutzte Entfernungseinheit). Die andere Hälfte ist von meinen Vormietern. Aber mal ehrlich: Besteck, das Stück 25ct (Kanadische! 1,5CAD = 1Euro), eine Edelstahlrührschüssel für 4CAD und und und. Ich liebe diesen Laden.

Jede Stadt hat ihre Ecken, die man lieber meiden sollte. Eine Buslinie, die ich mal genommen habe, fuhr durch so eine Ecke. Ich kenne mich mit Großstädten nicht wirklich aus, weil ich Großstädte nicht mag, aber ich würde mal behaupten das Frankfurter Bahnhofsviertel ist harmlos dagegen. Zumindest habe ich es noch nie gesehen oder gehört, dass über eine Strecke von 500 Metern die Drogenabhängigen die Straße säumen und man zusehen kann, wie sie sich am hellichten Tag die nächste Spritze geben. Anyway, die Gegend ist Gott sei Dank relativ weit weg von mir.

Die Nettigkeit der Kanadier scheint nicht nur ein Stereotyp zu sein. Es fängt schon damit an, dass die meisten sich bedanken, wenn sie aus dem Bus steigen (Ich muss glaube ich einen eigenen Beitrag über die Öffis verfassen). Regelmäßig wird die Tür für jemanden aufgehalten. Man steht im Weg rum und die anderen entschuldigen sich, einem wird sofort Hilfe angeboten,…

Vancouver ist die Stadt des Starbucks. Keine Ahnung, ob das in ganz Kanada ist, aber die Dichte der Starbucks ist ungblaublich. Angeblich gibt es sogar eine Kreuzung in Vancouver, an der an 3 der 4 Ecken ein Starbucks ist. Hier in Kanada verkauft Starbucks auch sehr viel mehr, als nur Kaffee. Diverse Tees und Limonaden werden ebenso angeboten. Und es ist verdammt lecker, was sie verkaufen. Als jemand, der keinen Kaffee vertragt, gefällt mir diese Starbucks Variante deutlich besser. Überteuert sind sie aber natürlich auch hier. ^^

Vancouver ist gleichzeitig fortschrittlicher und weniger fortschrittlich, als wir. Was Akzeptanz angeht sind sie in vielen Punkten weiter. Hier wird Werbung gemacht für Psychotherapie, wenn man eine Abtreibung hatte. Ebenso habe ich Werbung für irgendwas in der gleichen Richtung gesehen, wo es hieß “For all Genders and Sexualities”. Und dann sieht man oben erwähnte Ecken, oder erfährt, dass bis vor wenigen Jahren hier noch Asbest (Ihr wisst schon, dieses Hochgiftige Zeug, das seit uber 30 Jahren in Deutschland verboten ist) produziert wurde…

Ich bin unter anderem nach Kanada gegangen, weil ich die ungezähmte Natur erleben wollte, für die Kanada so berühmt ist. Neben den Wintern. Hier in Downtown ist die Natur sehr gezähmt. So es gibt kein “Unkraut” und alle Grashalme haben die gleiche Länge. Ich hatte die Hoffnung ein bisschen freiere Natur in den relativ großen Parks zu finden. Beide Parks, in denen ich bisher war, waren zum Großteil ein eingezäunter Golfclub. Nun ja, ich war aber auch noch nicht im Stanley Park im Norden von Vancouver. Mal sehen, wie der wird. Aber ich habe bisher nur positives über ihn gehört. Er soll sehenswert sein, unter anderem wegen den Ureinwohner Statuen, die dort verteilt sind.

Gezahlt wird hier fast überall mit Karte. Mir kommt das gelegen, weil der Wechselkurs am günstigsten ist, wenn ich mit meiner Kreditkarte zahle. Bargeld kommt hier eigentlich nur vor, wenn das Kartenlesegerät kaputt ist oder man was von Craigslist (dem kanadischen ebay Kleinanzeigen) kauft. Und weil ich meine Geld lieber für Erlebnisse, als Gegenstände ausgeben will, habe ich Craigslist ausgiebig genutzt. Zumindest habe ich jetzt unter anderem einen 32 Zoll TV für umgerechnet etwa 30Euro. Ideal, um mein tolles Geburtstagsgeschenk richtig zu genießen.

Ich habe schon einige Dinge entdeckt, die anscheinend typisch kanadisch/amerikanisch sind. Neben dem obligatorischen Regal voller Ahornsirup auch etwas, das sich Cheese Whiz nennt. Es sieht aus, wie die Käsedips für Tacos, scheint aber dafür gedacht zu ein, dass man es aufs Brot schmiert. Noch habe ich es aber nicht probiert. Apropos Brot: Wie zu erwarten, ist das, was die hier als “Brot” bezeichnen durchweg Toast. Also wahrscheinlich werde ich demnächst anfangen mein Brot selbst zu backen. Einen Backofen habe ich ja.

Andere Duschen nach dem Schwimmbad, um das Chlor abzuwaschen und die Kanadier duschen mit Chlorwasser… Das Leitungswasser hier ist voller Chlor. Für jemanden, der bevorzugt Leitungswasser trinkt (günstiger und muss man nicht schleppen), ist das blöd. Allerdings habe ich bereits eine gute Lösung dafür gefunden. Chlor ist recht flüchtig. Also wenn man eine Karaffe mit Wasser füllt und ein paar Stunden wartet, dann ist das gesamte Chlor verschwunden und das Wasser schmeckt normal.

Mein Apartment ist der Hammer (Abgesehen vom undichten Fenster und dem lauten Kühlschrank). Wenn ich es schaffe, dann nehme ich ein kleines Video auf. Die Aussicht vom 19. Stock durch die Bodentiefen Fenster auf den Meeresarm und über Teile der Stadt dahinter ist ziemlich episch. Geheizt wird es nicht über eine klassische Heizung, sondern einen Gaskamin. Der Nachteil ist, dass man ihn erst anstellen muss, um es warm zu haben, aber ich liebe Kamine.

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